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9. August 2010

Oracolo

Oracolo Als Oracolo vier Monate alt war, wurde er laut seinen Unterlagen im Canile abgegeben - in einem Canile, das den Namen Hundehölle zu Recht getragen hat. Er war einer von vielen Welpen, die nicht zutraulich waren und wurde deshalb vom ersten Moment an einfach wieder vergessen, abgestellt in einem vollgestopften Zwinger von Gleichgesinnten, die zwar mäßig mit Futter versorgt wurden, aber nie menschliche Zuneigung genossen haben.

So vergingen für Oracolo die Jahre. Jahre, in denen ihm Menschen immer unheimlicher wurden und er sich immer mehr von ihnen zurückzog. Mit den Hunden kam er an sich klar, seit er erwachsen war, lebte er zusammen mit zwei Hündinnen und einem Rüden in einem Gehege und gab nie Anlass zu Streit. Aber seine ängstliche Haltung reizte die charakterstärkeren Hündinnen zunehmend und so wurde er von ihnen mehr und mehr gemobbt. Die Mädels fraßen alles Futter und belegten die Schlafplätze, so dass Oracolo und sein Freund zunehmend abmagerten und von kleinen Wunden übersät verschreckt in der Ecke saßen. Die Menschen, die eigentlich verantwortlich für ihn sein sollten, interessierte das nicht. Genauso wenig wie sie die Mäuse, Ratten, Flöhe oder die Räude interessierte, unter denen die Hunde litten.

Oracolo Im Jahr 2007 wurde Oracolos Tierheim konfisziert, aber vorerst änderte sich die Situation für ihn nicht entscheidend. Erst als die zwei Damen seines Geheges beschlossen, ihm den Garaus zu machen und ihn mit ihren Attacken auf seinen Kopf fast umbrachten, wurde Oracolo in ein anderes Gehege zusammen mit einer älteren ruhigen Hündin gesetzt. Aber die Narben, die auf seinem Kopf verteilt bis heute zu sehen sind, erzählen nach wie vor ihre Geschichte und spiegeln äußerlich wider, was in seiner Seele schon lange unauslöschlich geschrieben steht.

Oracolo Mittlerweile lebt er im neuen Canile und hat zumindest äußerlich Frieden gefunden - sein Gemüt aber noch lange nicht. Er lässt zwar mittlerweile Menschen an sich heran kommen und hält still, wenn man ihn mit sanften, liebevollen Gesten streichelt. Aber sobald er kann, huscht er mit entschuldigendem Gesichtsausdruck in die nächste Ecke und entzieht sich vorsichtig der Annäherung. Ganz langsam macht er kleine Fortschritte, aber man muss schon genau hinsehen, wenn man sie erkennen will.

Wir wissen nicht, ob es ein Zuhause für Oracolo geben kann. Es müssten dort Menschen sein, die ihn so akzeptieren, wie er ist. Die ihm eine Umgebung bieten, in der er Ruhe, Zeit und viel Liebe vorfindet, um in selbstgewählten Schritten aus seiner inneren Isolation auftauchen zu können. Die ihm einen ritualisierten Tagesablauf bieten können, der ihm keine Angst macht, weil sich nichts ändert. Die ihn fördern, aber nicht fordern. Und die ihm zugestehen, nie ein ganz normaler Hund werden zu können.

Oracolo wird diese Liebe, die ihm entgegen gebracht wird, auf seine Art vergelten. Er wird die Nähe seiner Menschen schätzen und sie lieben lernen, ohne es vermutlich je überschwänglich zeigen zu können. Er wird sich freuen lernen, auch wenn die Freude vermutlich noch oft durch Ängste überdeckt wird. Und er wird treu sein wie Gold. Vielleicht gibt es ja Menschen, die ein so großes Herz besitzen, dass sie ihm diesen Liebesdienst erweisen können. Verdient hat er es mehr, als viele andere.

PS.: Oracolo ist nicht der erste Hund dieser Art, den wir hatten. Dass er im Gegensatz zu heute noch sehr viel Freude am Leben haben könnte, wenn er ein eigenes Zuhause hätte, das hat die Erfahrung gezeigt. Man kann es am Beispiel von Polly sehen, die wir im Happy End 2007 abgebildet haben. Sie war früher in einem ähnlichen Gemütszustand wie Oracolo. Heute ist sie glücklich.

Oracolo Oracolo
Oracolo Oracolo

Marei Bonnemeier möchte Oracolo mit einem gelegentlichen Geschenkpaket ein wenig aus der Reserve locken und ihm helfen, etwas Bindung zu Menschen aufzubauen kann.
Trotz des scheuen Blicks ist er innerlich sicher sehr froh darüber und denkt: Danke Marei!

Januar 2011: Eine neue Patin hat Oracolor in Sabine von Alm gefunden! Sie wird ebenfalls versuchen, ihm hin und wieder den Alltag zu versüßen.

Mai 2011: Auch Nina Eichler will Oracolo künftig mit Paketen überraschen und ihn damit aus der Reserve locken .

Vielen Dank vom Team adopTiere!



Neues von Oracolo - 07. September 2010

Bei einer Routineuntersuchung haben die Tierärzte bei Oracolo einen leichten Herzfehler festgestellt. Eine seiner Herzklappen arbeitet nicht mehr ganz so, wie sie sollte. Vermutlich ist es nichts als ein ganz normales Nachlassen der Herzmuskeln, das sich bei älteren Tieren und Menschen oft einstellt, ohne überhaupt bemerkt zu werden.

Bisher bereitet es ihm keinerlei Schwierigkeiten, er braucht noch nicht einmal Medikamente. Allerdings ist es möglich, dass sich die Schwäche mit dem Älterwerden verstärkt und er später mal Herztabletten braucht.

Ein Zuhause im klimatisch moderateren Mitteleuropa wäre für Oracolo nun allerdings noch wesentlich wichtiger als bisher. Denn nur damit könnte er den starken Hitzeschüben im sommerlichen Mittelitalien entgehen. Und die sind für Hunde mit einem schwachen Herzen irgendwann nur noch schwer auszuhalten.


15. Dezember

Langsam macht sich bei Oracolo bemerkbar, dass er von Menschen beachtet wird, die er vorher nicht kannte. Zum ersten Mal ist er bei Silvias letztem Besuch zaghaft aus seiner Ecke heraus gekommen und hat leise versucht, ein Leckerli zu ergattern. Und er hat es - mit etwas Unterstützung seiner Hundefreundin - tatsächlich alleine geschafft, es zu nehmen.

Auch sein Gesichtsausdruck hat sich verändert: Etwas von der so häufig bei ihm zu erkennenden Trostlosigkeit darin ist gewichen und hat einer neuen, sanften Neugierde Platz gemacht. Mach weiter so, Oracolo!

Oracolo Oracolo
Oracolo Oracolo Oracolo


Auch Oracolo hatte endlich einmal Glück in seinem Leben.
Er hat eine liebe Familie gefunden und darf nun seinen Lebensabend in Nordrhein-Westfalen verbringen.


Vermittelt im August 2012


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